THEMIS
IN JEDER HINSICHT EIN
VOLLER ERFOLG

Die Stadt Filderstadt zählt in Deutschland zu den Pionieren der Bürgerbeteiligung. Um politische Dialoge in Gang zu bringen, werden seit fast 20 Jahren Bürgerinnen und Bürger regelmäßig zu Informationsveranstaltungen, Workshops und Runden Tischen eingeladen. Das Ziel: Sie sollen sich einbringen und am politischen Meinungsbildungsprozess beteiligen. Dabei wird eine möglichst breite Bürgerbeteiligung angestrebt.
Doch die gängigen Instrumente stoßen an ihre Grenzen – nicht nur in Filderstadt. Es ist zu beobachten, dass das Interesse der Menschen an der Politik trotz aller Bemühungen abnimmt. Die Wahlbeteiligung geht zurück, vor allem bei Kommunalwahlen. Gleichzeitig ist bekannt, dass die Menschen nicht einfach nur „politikmüde“ sind, sondern sich andere Formen der Beteiligung wünschen.

Grund genug für Wissenschaftler der Forschungsstelle für demokratische Innovationen an der Universität Frankfurt, einen Lösungsansatz zu suchen. Sie fanden schließlich für ihr Wahlexperiment mit dem Namen Themis in der Stadt Filderstadt einen idealen Kooperationspartner. Dem Forschungsteam um die Professorin Dr. Brigitte Geißel und dem Projektverantwortlichen Jonathan Rinne war die Vorreiterrolle Filderstadts in Sachen innovativer Beteiligungspraxis nicht verborgen geblieben.
Die Forscher wollten mit dem Wahlexperiment zum einen herausfinden, ob es möglich ist, Bürgerinnen und Bürger nicht über politische Persönlichkeiten abstimmen zu lassen, sondern über verschiedene Themen und Wahlaussagen der politischen Parteien. Zum anderen sollte Themis den kommunalpolitischen Akteuren wichtige Bewertungen der Bürgerinnen und Bürger zu aktuellen Themen der Kommunalpolitik liefern.

Die Themen für das Wahlexperiment selbst waren von den im Gemeinderat der Stadt Filderstadt vertretenen Parteien vorab zusammengestellt worden. Dieses Vorgehen weicht von dem sonst üblichen Verfahren ab, dass die Verwaltung die Inhalte von Beteiligungsverfahren auswählt und vom Gemeinderat beschließen lässt.
Inzwischen steht fest: Das Experiment, an dem sich im Juli des Jahres 2017 fast 1000 Filderstädter Bürgerinnen und Bürger beteiligten, war ein voller Erfolg.

Ziel ist eine „Breite Beteiligung“ der Bürgerinnen und Bürger. 

Egal ob offene Foren, Beiräte oder andere Bürgerbeteiligungsprozesse wie die Themis-Wahl: Die Stadt Filderstadt ist stets bestrebt, eine „Breite Beteiligung“ der Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Diese misst sich jedoch nicht an der reinen Anzahl derer, die mitmachen, sondern vielmehr an der Vielfalt der Interessen, Meinungen und Ideen, die in die Beteiligungsprozesse einfließen und an den soziokulturellen Schichten, die sich einbringen. Die Devise lautet Vielfalt und Vielzahl. „Das Ziel ist, ein vielfältiges Meinungsbild zu ermitteln und vielfältige Aspekte der Beteiligten im Beteiligungsverfahren abzubilden“, erläutert Thomas Haigis, der Referent für Bürgerbeteiligung bei der Stadt Filderstadt. Es gehe auch darum, außer den gut Gebildeten, den mittleren Altersgruppen sowie den ohnehin schon sozial Aktiven und gut Integrierten auch die so genannten stillen Gruppen in der Stadt in Entscheidungsprozesse einzubinden. Auch in dieser Hinsicht hat sich das Themis-Experiment in besonderer Weise bewährt. Um diese „Breite Beteiligung“ zu erreichen, setzt die Stadt Filderstadt schon seit vielen Jahren auf niederschwellige Formate. Dazu gehören neben Workshops und digitale Beteiligungsformen wie die Themis-Wahl auch Informationsveranstaltungen, Nachbarschaftsgespräche, Einwohnerversammlungen, Verwaltung vor Ort, Marktgespräche oder auch Stadtteilspaziergänge.

„Breite Beteiligung“ folgt damit dem Grundsatz der Inklusivität. Das bedeutet, dass die ohnehin Aktiven und Integrierten sowie die gut Gebildeten und mittleren Altersgruppen nicht überrepräsentiert sein sollen. „Breite Beteiligung“ öffnet sich demnach nicht nur uneingeschränkt für alle Bürger, sie fördert sogar aktiv die Teilnahme beteiligungsferner Gruppen. Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auch eine unterschiedliche Bereitschaft zeigen, an einem Beteiligungsprozess aktiv teilzunehmen. Nicht jedes Veranstaltungsformat ist geeignet, auch eine „Breite Beteiligung“ herzustellen.