Fazit:
Themis ist ein großer Erfolg

Für Filderstadts Oberbürgermeister Christoph Traub ist Themis ein grosser Erfolg. „Es freut mich, dass es uns gelungen ist, mit der Themis-Wahl in der Bevölkerung große Aufmerksamkeit und damit eine große Resonanz zu erreichen“, kommentiert der Filderstädter Verwaltungschef den Ausgang des Experiments. „Aus dem Ergebnis können wir verlässlich ableiten, welche Themen für die Filderstädter von Bedeutung sind“, so Traub weiter. Auch wenn mit einem Experiment gestartet worden sei, werde die Stadt Filderstadt die mit Themis aufgezeigten Themenfelder aufnehmen. 
Vom Ergebnis begeistert sind auch die Projektverantwortlichen, Professorin Brigitte Geißel und Jonathan Rinne, von der Universität Frankfurt. „Das Experiment hat gezeigt, dass die Themis-Wahl praxistauglich ist und großes Potenzial hat. Das ist ein entscheidender Schritt für die Zukunft der Demokratie“, sind sich die beiden Wissenschaftler einig. Thomas Haigis, der Referent der Stadt Filderstadt für Bürgerbeteiligung, ist mit dem Ergebnis ebenfalls zufrieden. „Mit dieser innovativen Themis-Wahl sind wir in Filderstadt unserem Anspruch auf eine breite, vielfältige und kontinuierliche Bürgerbeteiligung ein ganzes Stück näher gekommen“, sagt Thomas Haigis. Eine möglichst breite Beteiligung stärke und ergänze die Kommunalpolitik und könne seiner Erfahrung nach die politischen Entscheidungen im Gemeinderat positiv beeinflussen und zu einer höheren Akzeptanz in der Bevölkerung führen. Thomas Haigis zieht über den praktischen Nutzen des Experiments folgende Bilanz:

Was hat Themis für die Bürgerbeteiligung in Filderstadt gebracht?

Einmalig ist das Ergebnis des Wahlexperiments: Zum ersten Mal liegt eine messbare, mit Zahlen ermittelte Präferenz zu Filderstädter Themen vor. Herkömmliche Beteiligungsformen können das nicht leisten. Diese liefern bestenfalls Rankings von vielleicht 100 Teilnehmenden. Einmalig ist die hohe Zustimmung zum Verfahren selbst. Mit 10 bis 13 Prozent liegt die Beteiligungsquote deutlich höher als bei herkömmlichen Verfahren. Dort liegt die Beteiligungsquote üblicherweise bei etwa drei Prozent. Das liegt nicht zuletzt daran, dass bei der Themis-Wahl die Teilnehmenden ihre eigenen Präferenzen gut zum Ausdruck bringen konnten, was sich wiederum darin spiegelte, dass das Kumulieren und Panaschieren sehr stark genutzt wurde. Einmalig sind die ausschließlich positiven Reaktionen von den Teilnehmenden direkt an der „Wahlurne“. Von vielen wurde die Themenvielfalt sehr gelobt. Bei anderen Beteiligungsverfahren gibt es immer einen kleinen Anteil kritischer Stimmen von grundsätzlich skeptischen Bürgerinnen und Bürgern. Einmalig ist auch, dass dieses für viele Bürgerinnen und Bürger eingeübte „Beteiligungsverfahren“ zur Anwendung gekommen ist. Viele haben sich dahingehend geäußert, dass sie eher nicht zu einer Stadtkonferenz oder einem Workshop gehen würden, sondern so ein Beteiligungsverfahren klar bevorzugen würden. Einmalig ist, dass Bürgerinnen und Bürger mit einem geringen Zeitaufwand eine große Bandbreite von kommunalpolitisch bedeutsamen Themen bewerten können. Einmalig ist die unmittelbare Verknüpfung mit der Kommunalpolitik. Themis unterstützt geradezu perfekt das Prinzip der Bürgerbeteiligung im Kräftedreieck Bürger, Politik und Verwaltung, das in Filderstadt seit Jahren verfolgt wird. Das Themis-Verfahren kann auch eine gute vertrauensbildende Maßnahme für die manchmal gegenüber Bürgerbeteiligungsverfahren „skeptische Kommunalpolitik“ sein.

Welchen Nutzen kann die Kommunalpolitik aus Themis ziehen?

Durch die detaillierten Erkenntnisse zu bestimmten politischen Politikfeldern können sich Planungsabläufe im Gemeinderat und innerhalb der Stadtverwaltung verkürzen. Politische Entscheidungsträger tun sich leichter mit ihren Entscheidungen, wenn sie die Meinungen und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger kennen. Für die Kommunalpolitik ist das Themis-Verfahren ein echter Mehrwert und stärkt die repräsentative Demokratie. In einer Bürgerbeteiligung nach dem Muster Themis liegt vielleicht die Zukunft der lokalen Demokratie. Der Ausgang dieses kommunalen Wahl-Experiments zeigt, dass es sich lohnen kann, neue Wege der Bürgerbeteiligung im Kräftedreieck Bürger, Politik und Verwaltung zu suchen. 

Fazit der Parteien

Freie Wähler

Die Freie Wähler Fraktion Filderstadt begrüßt als Bürger/innenbewegung mit dem Motto „Gemeinsam Filderstadt gestalten“ das Themis-Beteiligungsverfahren der Bürgerinnen und Bürger als wichtigen Beitrag politischer Willensbildung sehr. Die Rückmeldungen wichtiger kommunalpolitischer Themen durch die Bürgerschaft spiegelt im Wesentlichen die Themen wider, die der Freie Wähler Fraktion seit langem wichtig sind. Eine von der Themis-Studie selbst gewollte bessere Vergleichbarkeit der Formulierungen der inhaltlichen Einzelthemen durch die Fraktionen wäre für die Interpretation hilfreich gewesen. In der Einzelauswertung zeigt sich, dass potentielle Wählerinnen und Wähler der Freien Wähler nicht primär nach politischer Gruppierung, sondern nach Sachthemen votieren, was dem Selbstverständnis der Freien Wähler als Wählervereinigung entspricht.

CDU

Im Rahmen der Vorbereitung des Wahlverfahrens Themis hatte sich die CDU-Fraktion umfangreich und schwerpunktmäßig eingebracht. Durch gezielte Schwerpunktermittlungen in der Bürgerschaft haben sich die Themen Schaffung von Wohnraum, Infrastruktur, Arbeitsplatzsicherheit, Wirtschaftsstandort, Breitbandausbau, Verkehr und Mobilität, generationengerechte Entwicklung und Bürgerbeteiligung ergeben.
Bei der Auswertung des Verfahrens haben diese Punkte großen Zuspruch erfahren, sodass wir davon ausgehen können, dass wir hierdurch die Belange der Bürgerschaft erfasst haben und dadurch einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Verfahrens beitragen konnten.

SPD

Positiv: Die inhaltliche Ausrichtung des Verfahrens verstärkte die inhaltliche Auseinandersetzung der Wähler/innen mit den Themen der Parteien bzw. der Wählergemeinschaften. Interessant war, dass die von uns aufgeführten Themen von wesentlicher Bedeutung für die Wähler/innen sind. Trotz der Komplexität beteiligten sich viele Bürger/innen. Negativ: Die limitierte Anzahl von Positionen verhindert wichtige Darstellungen. Das Verfahren ist sehr aufwändig (Zeit, Technik, Betreuung, Räume, Kosten). Fazit: Das Themis-Verfahren ist interessant, aber für eine allgemeine Wahl vermutlich zu komplex.

DIE GRÜNEN

Das Themis- Experiment rückt Wahlergebnisse in ein neues Licht. Nicht die Stimmenanteile stehen im Fokus, sondern die Gründe, auf denen sie basieren. Für die Parteien/Wählervereinigungen können somit Wahlen nach dem Themis-Prinzip gleichzeitig als Evaluation ihrer Arbeit gewertet werden. Die Vorbereitung des Experiments war zeit- und arbeitsintensiv, entlohnt wurden wir allerdings durch die Resonanz und die beeindruckend hohe Beteiligung der Bürger/innen.

FDP

Wir Freien Demokraten haben uns gefreut, dass Filderstadt für ein so innovatives und einzigartiges Experiment ausgewählt wurde und als eine Stadt, die sehr viel Erfahrung mit Bürgerbeteiligung hat, einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Demokratie bzw. zur Stärkung der Demokratie leisten konnte. Die im Experiment untersuchte Themenwahl könnte in unseren Augen durchaus eine Ergänzung zu den regulären Personen- bzw. Parteiwahlen darstellen und die Politik auf die in der Bevölkerung drängendsten Fragen hinweisen oder sie sogar dazu verpflichten, diese Themen als Erstes anzugehen. Dennoch denken wir, dass es noch weiterer Untersuchungen und Verbesserungen an diesem Verfahren bedarf, bevor unsere Demokratie entsprechend weiterentwickelt werden kann.