Oberbürgermeister
Christoph Traub
im Interview
Wie wichtig ist eine „Breite Beteiligung“ für eine Stadt wie Filderstadt?
Traub: Sehr wichtig! Die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen ist auch bei uns rückläufig. Seit vielen Jahren versuchen wir dieser Entwicklung gegenzusteuern und ergänzen das gesetzliche Wahlsystem mit verstärkter Bürgerbeteiligung durch Beiräte, offene Foren oder durch zahlreiche Bürgerbeteiligungsprozesse. Nur durch den Dialog mit möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern kann unsere Demokratie gestärkt und die Akzeptanz der Kommunalpolitik verbessert werden. Themis ist ein neuer Ansatz hierbei und kann dafür, wie sich in dem Experiment herausgestellt hat, einen wichtigen Beitrag leisten.
Was bedeutet Bürgerbeteiligung für Sie persönlich?
Traub: Wenn wir mit den Menschen planen, können wir unsere politischen Entscheidungen verbessern und unsere eigene Rolle als Volksvertreter und auch die der Verwaltung stärken. Mir geht es auch darum, über diese Beteiligungsprozesse den sozialen Zusammenhalt und damit auch die Identifikation der Menschen mit unserer Stadt und Heimat zu stärken. Bürgerbeteiligung bietet ganz nebenbei die Chancen eine „Kultur des Zuhörens“ in der Stadt zu entwickeln, die in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen muss.
Welche Erkenntnisse hat das Wahlexperiment Themis gebracht?
Traub: Ich war vor allem überrascht, wie viele Menschen sich dafür interessiert haben. Wir haben 10.000 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger angeschrieben. Am Ende haben sich rund 1.000 von ihnen beteiligt und wir haben fast ausschließlich positive Rückmeldungen bekommen.
Welchen Vorteil hat Themis gegenüber anderen Beteiligungsinstrumenten?
Traub: Themis ist ausdrücklich keine Konkurrenz und auch kein Ersatz zur klassischen Bürgerbeteiligung, aber eine wichtige Ergänzung. Durch die verschiedenen Prozesse der Bürgerbeteiligung fühlen sich die kommunalpolitisch aktiven Parteien und Wählervereinigungen manchmal an den Rand gedrängt. Dadurch, dass bei Themis die kommunalpolitischen Vertreter die Themen vorgeben, rückt die Kommunalpolitik wieder mehr in den Mittelpunkt.
Wie werden sich die Ergebnisse kommunalpolitisch niederschlagen?
Traub: Uns war es von Anfang an wichtig, dass wir über den experimentellen und wissenschaftlichen Charakter hinaus die Ergebnisse mit in den ”ISEK-Prozess“ einfließen lassen wollten. Das sind wir den 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern schuldig. Wir haben ihnen gegenüber stets betont, dass wir keine Sandkastenspiele veranstalten, sondern die Ergebnisse auf jeden Fall ernst nehmen werden und diese in unsere Planungsprozesse einfließen lassen werden.
War Themis nur eine Eintagsfliege?
Traub: Für mich war und ist Themis ein Glücksfall für unsere Stadt und eine echte Innovation der kommunalen Bürgerbeteiligung in Filderstadt. So etwas wünschte ich mir alle drei bis fünf Jahre, immer zu einer aktuellen Themenauswahl. In einer Bürgerbeteiligung nach dem Muster Themis liegt vielleicht die Zukunft der lokalen Demokratie.